Inhalt

 

Home
Beitrittsformular
Veranstaltungen
Publikationen ETV
Anfänge
Totentänze nach Ländern
Deutschland
Österreich
Schweiz
Totentänze nach Medien
Künstler der ETV
Bibliographie
Kontakt
Nathanael Schlott
 Nathanael Schlotts neuhochdeutscher Text, 1701:
 
 

Der Tod.
HEran/ ihr Sterblichen; das Glas ist aus/ heran!
Vom Höchsten in der Welt/ bis auf den Bauers=Mann:
Das Wegern ist umsonst/ umsonst ist alles Klagen;
Ihr müsset einen Tanz/ nach meiner Pfeife/ wagen.

Der Tod an den Papst.
KOmm/ alter Vater/ komm, es muß geschieden seyn!
Kreuch/ aus dem Vatican/ in diesen Sarg hinein:
Hie trägt dein Scheitel nicht das Gold von dreyen Cronen;
Der Hut ist viel zu hoch/ du mußt izt enger wohnen.

Der Papst.
WJe/ scheut der Tod den Blitz von meinem Banne nicht?
Hilft kein geweih'tes Naß/ und kein geweih'tes Licht?
So bleibt mir doch die Macht/ zu lösen und zu binden;
Wie sollt' ich sterbend nicht den Himmels=Schlüssel finden?

Der Tod an den Kaiser.
AUf/ grosser Kaiser/ auf! Gesegne Reich und Welt/
Und wisse/ daß ich dir den letzten Tanz bestellt.
Mein alter Bund gilt mehr/ als Apfel/ Schwerdt und Bullen;
Wer mir Gesetze schreibt/ mahlt eitel blinde Nullen.

Der Kaiser.
WAs hör' ich? trägt der Tod für Göttern keinen Scheu?
Sind Kaiser=Cronen nicht vor seiner Sichel frey?
Wolan! so muß ich mich/ ach hartes Wort! bequemen/
Und von der dürren Hand den Reiches=Abschied nemen.

Der Tod an die Kaiserinn.
REicht ohngewegert her der Hände zartes Par/
Und wandert fort mit mir zu jener grossen Schar:
Doch spar't die Thränen=Flut des bittern Scheidens wegen;
Man wird euch dem Gemahl bald an die Seite legen.

Die Kaiserinn.
JSt Zeit und Stunde da: so schick ich mich darein/
Und will/ auch sterbend/ dir/ mein Kaiser/ änlich seyn:
Kannst du dem Reiche dich nicht stets/ als Sonne zeigen
So muß sich auch der Mond zum Untergange neigen.

Der Tod an den Cardinal.
GJb gute Nacht der Welt/ bestürzter Cardinal;
Dein Ende rufet dich zur ungezählten Zahl.
Ich weiß nicht/ was du dort wirst für ein Theil erlangen;
Das weiß ich/ Sohn/ du hast viel Gutes hier empfangen.

Der Cardinal.
ROm schenkte mir den Hut; der Hut trug Ehr' und Geld.
So baut' ich Sorgen=frey das Paradis der Welt.
Mein Wunsch war/ mit der Zeit auf Petri Stul zu rücken/
Und muß davor erblasst das Haupt zur Erde bücken.

Der Tod an den König.
DEnk an den wahren Spruch/ den Sirach abgefasst:
Der heute König heisst/ liegt morgen schon erblasst.
Alsdenn so kann man dich nicht mehr großmächtig schreiben/
Weil deine Macht zu schwach/ die Würmer zu vertreiben.

Der König.
STeckt denn des Todes Faust auch Königen ihr Ziel?
So gleicht das Regiment dem Schacht= und Königs=Spiel.
Mein Scepter streckte sich von Süden bis zum Norden;
Nun bin ich/ durch den Tod/ besetzt und schachmatt worden.

Der Tod an den Bischof.
DU lehnest dich umsonst auf deinen Hirten=Stab;
Zerbricht das schwache Rohr: so taumelst du ins Grab.
Hiernächst mag Menschen=Hand dir auf den Leich=Stein schreiben:
Ein Hirte kann nicht stets bey seiner Heerde bleiben.

Der Bischof.
UNsträflich konnt' ich zwar/ doch nicht unsterblich/ seyn;
Drum bricht der Tod mit Macht zu meinem Fenstern ein.
Nun wache/ wer da will; ich rüste mich zum Schlafe/
Und sage nichts/ als dieß: Gehabt euch wol/ ihr Schafe!

Der Tod an den Herzog.
HEr/ Herzog/ her mit mir zu jener langen Nacht!
Wenn dieser Zug geschehn/ so ist der Lauf vollbracht.
Hast du nun deine Lust/ ais wie den Feind/ befochten:
So nimm den Ehren=Kranz von GOttes Hand geflochten.

Der Herzog.
JCh zog mit Heeres=Kraft durch manch entferntes Land/
Und machte Nam und Ruhm der tapfern Welt bekannt;
Jtzt hemmt die Todes=Post den Glückes=Lauf im Siegen/
Und rufet: Schicke dich zu deinen letzten Zügen!

Der Tod an den Abt.
Hör' Abt/ die Glocke schlägt/ so dich zu Bette ruft!
Nun tanze fort mit mir zu der bestimmten Gruft:
Jnzwischen laß die Furcht der Einsamkeit verschwinden;
Dort wirst du ein Convent von tausend Brüdern finden.

Der Abt.
ZU steigen war mein Wunsch/ bis daß ich Ehrensatt.
Ach aber/ ach wie bald kehrt sich das Hoffnungs=Blatt!
Indem ich Tag und Nacht nach hohen Tituln schnappe:
Erhascht ein schneller Tod mich bey der schwarzen Kappe.

Der Tod an den Ritter.
WJrf ab den schweren Rock/ womit dein Leib bedeckt/
Und den polir'ten Stal/ der in der Scheide steckt:
Kein Eisen schützet dich vor meinen starken Pfeilen;
Du must mit mir zum Tanz/ in leichter Rüstung/ eilen.

Der Ritter.
IHr Helden/ schauet mich in diesen Waffen an!
So focht' ich/ als ein Löu; so stund ich als ein Mann/
Bis daß mein Gegen=Part gestrecket lag zur Erden!
Nun will der letzte Feind an mir zum Ritter werden.

Der Tod an den Carthäuser.
FOrt/ Bruder/ folge mir zur allgemeinen Ruh/
Und schleuß die Augen so/ wie dein Gebet=Buch/ zu!
Kannst du nun dort/ als hier/ in weiß gekleidet stehen:
So wirst du an den Tod/ als wie zum Tanze/ gehen.

Der Carthäuser.
MEin strenger Orden schrieb mir tausend Reguln für;
Jtzt greift der Tod mich an/ und rufet: Folge mir!
Wolan ich bin bereit/ mein Kloster zu verlassen/
Wenn ich die Regel nur der Sterbe=Kunst kann fassen.

Der Tod an den Bürgermeister.
JHr Bürger/ zürnet nicht/ wenn/ durch des Höchsten Schluß/
Der Bürgermeister selbst mit an den Reihen muß:
Der zu gemeinem Heyl so oft das Recht gesprochen/
Sieht über sich den Stab/ durch meine Faust/ gebrochen.

Der Bürgermeister.
ES ward fürs Vater=Land mein Leben abgenützt/
Und Stadt und Bürgerschaft mit Raht und That geschützt;
Ich fürchte nicht den Tod; denn/ wenn ich hier erkalte/
So weiß ich/ daß ich dort das Bürger=Recht erhalte.

Der Tod an den Dohm=Herrn.
JHr habet an dem Dohm doch nicht ein bleibend Haus/
Und müßt/ auf einen Wink/ mit SeI' und Leib hinaus.
So werdet ihr zwar hie/ nicht aber dort/ vertrieben/
Bleibt euch der Himmel nur als Eigen=Thum verschrieben.

Der Dohm=Herr.
DEn Jonas warf ein Fisch/ doch lebend/ an den Strand;
Mich wirft des Todes Schlund in jenes Vater=Land.
Jhr Menschen bauet doch die Häuser nicht so feste;
Dort seyd ihr erst daheim/ hier aber fremde Gäste.

Der Tod an den Edelmann.
WAs hilft es deiner Faust/ die manches Stück erjagt/
Wenn man dies wahre Wort nach deinem Hintritt sagt:
Dem Jäger ist es so/ wie seinem Wild'/ ergangen;
Denn jenes ward durch ihn/ er durch den Tod/ gefangen.

Der Edelmann.
ICh war auf nichts so sehr/ als auf die Jagd/ verpicht;
Die Sonne fand mich zwar/ doch in den Federn/ nicht;
Kein Wild entwischte mir in dick belaubten Büschen:
Jtzt kann ich/ leyder! selbst dem Tode nicht entwischen.

Der Tod an den Arzt.
BEschaue dich nur selbst/ und nicht dein Kranken=Glas;
Du bist/ dem Cörper nach/ so dauerhaft/ als das:
Ein Stoß zerbricht das Glaß/ der Mensch zerfällt im Sterben;
Was findet man hernach von beyden? Nichts/ als Scherben.

Der Arzt.
VErlässt mich meine Kunst/ alsdann gesteh' ich frey:
Daß zwischen Glas und Mensch kein Unterschied nicht sey.
Ihr Brüder sucht umsonst in Gärten/ Thälern/ Gründen/
Um für die letzte Noth ein recipe zu finden.

Der Tod an den Wucherer.
ICh fod're deinen Rest/ als meinen Zins/ von dir;
Zahl ab/ und laß die Last des schweren Beutels hier!
Ein Geiz=Hals hat noch nie den Geld=Sack mitgenommen;
Warum? Weil kein Camel durchs Nadel=öhr kann kommen.

Der Wucherer.
WAhr ists/ ich liebte nichts/ als Wucher und Gewinn/
Und merke/ daß ich arm/ beym Reichthum/ worden bin;
Mein Capital ist fort/ die Zinsen sind verstoben.
Ach hätt' ich einen Schatz im Himmel aufgehoben!

Der Tod an den Capellan.
JHr Armen/ seyd getrost! tanzt gleich der Mann mit mir;
So bleibt sein Beutel doch/ zu eurem Vortheil/ hier.
Nun suchet/ wo ihr könnt/ den Antheil von Praebenden;
Ich eile/ seinen Leib den Würmern auszuspenden.

Der Capellan.
JCh diente dem Altar/ und dieser diente mir;
Er gab mir Unterhalt/ und ich war seine Zier.
Den Beutel trug ich zwar/ doch nicht auf Judas Weise/
Drum bin ich auch so leicht zur letzten Todes=Reise.

Der Tod an den Amtmann.
DU zeigest/ nach Gebrauch/ ein saures Amts=Gesicht;
Jedoch was acht' ich das? Ich bin kein Bauer nicht.
Muß dieser schon dein Amt ganz tief gebücket ehren;
So ruf' ich: Amtmann fort! Du solt den Reihen mehren.

Der Amtmann.
DEn Bauern schafft' ich Recht; den Obern war ich treu.
So blieb mein Wandel rein/ und mein Gewissen frey.
Nun merk' ich/ daß der Tod die Tugend wenig schätzet;
Er rufet: Fort mit dir! Man hat dich abgesetzet.

Der Tod an den Küster.
DU siehest/ wie mich deucht/ recht miserable aus/
Doch dieß bewegt mich nicht; bestelle nur dein Haus!
Steht jemand oben an in meinem Zeit=Register:
So heisst es: Fort! Du seyst der Kaiser oder Küster.

Der Küster.
DEs Höchsten Knecht hat mich zu seinem Knecht erwählt.
So stund ich oben an/ wenn man von unten zählt:
Jtzt miethet mich der Tod mit Schrecken=vollen Minen;
Herr Pastor/ lebet wol! Ich kann nicht zweyen dienen.

Der Tod an den Kaufmann.
DEnk an den Banquerot, den Adam längst gemacht!
Der setzet dich in Schuld/ und hat mich hergebracht:
Zahl aus und liefre mir den Antheil meiner Ware/
So viel ich fassen kann auf einer Leichen=Bahre.

Der Kaufmann.
DEr letzte Mahner kömmt mir trotzig angerennt;
Doch bin ich nicht fallit, hier ist mein Testament:
Den Geist vermach' ich GOTT/ das Gut den rechten Erben/
Dem Satan meine Schuld/ den Leib dem Tod' im Sterben.

Der Tod an den Cläusener.
WAs kerkerst du dich selbst in enge Clausen ein?
Bist du ein Mensch/ und magst doch nicht bey Menschen seyn?
Laß/ greiser Wunder=Kopf/ den Schwarm der Grillen fliegen!
Du mußt gestorben doch bey deines Gleichen liegen.

Der Cläusener.
ICh bin ein Mensch/ und doch den Menschen nicht geneigt/
Weil manches Menschen=Herz das Bild des Teufels zeigt.
Nun komm/ erwünschter Tod! Du machest mir kein Grauen;
Viel lieber will ich dich/ als Menschen Unart/ schauen.

Der Tod an den Bauer.
KOmm/ Landsmann/ an den Tanz/ von Müh' und Arbeit heiß!
So schwitzest du zuletzt den kalten Todes=Schweiß.
Laß and're seyn bemüht mit pflügen/ dreschen/ graben:
Dein saurer Lebens=Tag soll Feyerabend haben.

Der Bauer.
JCh trug mit Ungemach des Tages Last und Noth/
Und aß/ von Schweiß bedeckt/ mein schwer=verdientes Brodt:
Doch da mein Führer mich zur Ruhe denkt zu bringen/
So kann ich wolvergnügt das consummatum singen.

Der Tod an den Jüngling.
JHr Nymphen/ die ihr hie den frischen Jüngling schaut/
Wünscht ihr vielleicht durch ihn zu heissen Jungfer Braut?
Umsonst/ die Rechnung wird euch mit einander trügen;
Ich werd' ihn in der That/ ihr in Gedanken/ kriegen.

Der Jüngling.
SO soll ich an den Tanz; wer hätte das gedacht?
Ich/ der ich manches Schloß/ doch in der Luft/ gemacht?
Nun wird mein Hoffnungs=Bau frühzeitig eingerissen;
Ich wollte bald die Braut/ und muß die Mutter/ küssen.

Der Tod an die Jungfer.
JCh halte/ wie die Welt/ von Complimenten nicht;
Muß heisst mein hartes Wort/ das Stal und Eisen bricht:
Und warum wollt ihr mir den letzten Tanz versagen?
Die Jungfern pflegen sonst kein Tänzgen abzuschlagen.

Die Jungfer.
JCh folge/ weil ich muß/ und tanze/ wie ich kann;
Jhr Schwestern/ wählet euch bey Zeiten einen Mann.
So reichet ihr die Faust dem Bräutigam im Leben/
Die ich dem Tode muß/ doch halb gezwungen/ geben.

Der Tod an das Kind.
NJmm/ zarter Säugling/ an den frühen Sensen=Schlag
Und schlaf hernach getrost bis an den Jüngsten Tag.
Wohl dem/ der so wie du fällt in des Todes Hände.
So krönt den Anfang schon ein hochbeglücktes Ende.

Das Wiegen= Kind.
WEinen ist meine Stimme gewest. Sap. VII,3.

 

zurück

Letzte Aktualisierung: 02.01.2007

Anschrift

Europäische Totentanz-Vereinigung, Leipziger Straße 48, 06766 Bitterfeld-Wolfen
Henry Schuhmacher (Präsident) Mail: h.schuhmacher@totentanz-online.de