Eve-Maria Zimmermann & Gotthart Kuppel
Japanische Impressionen - Portrait eines Künstlerpaars
Eve-Maria Zimmermann wurde 1935 in Daressalaam (Tansania) geboren,
wuchs in Berlin auf und besuchte dort die Meisterschule für Kunsthandwerk,
Klasse für Wandmalerei, bei Prof. Martin Dittberner. Von 1958
bis zu ihrem ersten Aufenthalt in San Miguel de Abona auf Teneriffa
im Jahr 1971 arbeitete sie als Grafikerin in Hamburg. Auf der Kanarischen
Insel fand sie über die Auseinandersetzung mit der Vulkan- und
Wüstenlandschaft zu einer eigenen Form des Phantastischen Realismus,
in dem Verwesung, Mutation und Tod eine wichtige Rolle spielen. Der
Tod stellt dabei keinen Endpunkt dar, sondern den Moment einer Verwandlung
und Wechselwirkung.
Gotthart Kuppel, 1946 in Bremen geboren, war Arzt, wurde Schauspieler,
Regisseur, Akrobat, Autor und schließlich, interessiert am Zerfall
von natürlichen Resten und menschlichen Erzeugnissen, zum Objektkünstler,
der aus Fundstücken neue Objekte zusammensetzt.
1990 reisten die beiden nach Japan und lernten dort die Ausdrucksformen
des Butoh kennen. Butoh ist der Tanz der Finsternis, der sich sowohl
gegen die hochstilisierte traditionelle Ästhetik der japanischen
Kultur als auch die von außen übergestülpte Amerikanisierung
wendet. Grundlage dafür sind unter anderem die Nöte der
Landbevölkerung, Ängste und Mühen des Alltags, Erfahrungen
wie das Altern und der Tod, kurz, die Schattenseiten des Lebens. In
der gebückten Haltung der Reisbauern bei der Arbeit zeigen die
Tänzer mit verlangsamten Bewegungen und Gebärden ihren oftmals
fast nackten Körper, leichenblass geschminkt, die Schädel
kahl, die Augen nach innen gerichtet, so dass nur das Augenweiß
sichtbar ist: Leben und Tod als ununterscheidbare Groteske.
Zimmermann und Kuppel waren fasziniert vom Butoh und reagierten nach
der Reise darauf. Sie hatten keine Angst davor, das Wissen um die
Anwesenheit des Todes und den Tod selber darzustellen. Weil es ihr
Anliegen war, das Unbegreifliche der menschlichen Existenz zu erforschen,
präsentierten sie den Körper auf eine schonungslose, aber
zugleich auch berührende Weise und fanden einen ganz eigenen
poetischen Stil.
Die Malerin malte eben dies Doppeldeutige, den kaum darstellbaren
Bereich, der Leben und Tod gleichzeitig bedeutet. Dabei gelang es
ihr, das Abstoßende in Schönheit zu verwandeln. Durch die
Darstellung zerfließender Eingeweide, entstellter Gesichter
und Körper, die einen Teil ihrer Substanz bereits verloren haben,
schuf sie eine Ästhetik der Verwesung. In der Übertreibung
des Abscheulichen und der körperlichen Fehler studierte und präsentierte
die Künstlerin das Substantielle des Menschen in einer solchen
Natürlichkeit, dass sich die Hässlichkeit auf den Bildern
in Schönheit verwandelte und der Betrachter genötigt wurde,
länger hinzuschauen als er wollte.
Kuppel dagegen, Nichttänzer, suchte in einer Tanz-Performance
"sein eigenes" Butoh: kahl, weiß, beinahe nackt, nur
mit einem Röckchen aus Rosen und Hühnerköpfen angetan,
den einen Oberarm an den Körper bandagiert, "tanzte"
er zu einem Wiegenlied aus dem Amazonasdschungel. Da die Performance
vor den Bildern Eve-Maria Zimmermanns stattfand, war so die Quintessenz
der Japanerfahrungen beider zu sehen.
Auch heute, lange nach der Reise, sind in den Werken beider immer
wieder "Butoh-Einflüsse" zu finden.
Katalog: Eve-Maria Zimmermann 1987-2002. Mit Beiträgen von Rubén
Diaz, Gotthart Kuppel, Arturo Maccanti und Elena Morales. s.l. 2002.
104 Seiten mit 47 farbigen Abbildungen.
ISBN 84-95926-08-3.
35 Euro zuzüglich Versandkosten. Bestellungen unter Tel. 0034
/ 922 / 700383 oder per E-Mail: gotthartkuppel@gmx.de
Letzte Aktualisierung:
09.12.2006
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