JACOB BALDE: CHOREA MORTUALIS, 1649.
CHOREA MORTUALIS SIVE LESSUS IN OBITU AUGUSTISSIMAE IMPERATRICIS
NUPTAE LEOPOLDINAE CAESARI FERDINANDO III. in puerperio mortuae. Anno
1649. ARGUMENTUM. De Sortis & Mortis in humanas res Imperio.
I.
EHeu, quid Homines sumus?
Vanescimus, sicuti sumus.
Vana, vana Terrigenum Sors,
Cuncta dissipat improba Mors. |
ALl Menschen herkommen auß Erden!
Staub/ Erden sie widerum werden.
Ach Eytelkeit alles zumahl!
O Schwachheit! betrübender Fall! |
II.
Extincta est LEOPOLDINA:
Dum frustravocator Lucina,
Lacrymosa Puerperae Mors,
Miseranda mulierum Sors!
|
Die Kayserin also gestorben/
(Von der wir ein Printzen erworben)
Ihr selber durch eben die Gab/
Hat leyder! bereitet ihr Grab. |
III.
Quae hodie pulchra, cras cinis:
Nec alius Caesarum finis,
Vide, quam sit instabilis Sors:
Neque parcat Austriacis Mors.
|
Was lebhafft/ ist alles
entwichen/
Heut wohlgestalt/ morgen erblichen.
Hauß Oesterreich/ Bayren/Tyrol:
Erbst jedes ein finsteres Hol. |
IV.
Imperio clara Romano,
Jam paret humata Summano,
Dura nimis & aspera Sors,
Saeva, nimis & horrida Mors.
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Die Sonnen zum herrschen erkohren/
Hat nunmehr ihr Klahrheit verlohren.
Und schaidet ins finstere Land/
Gehorsam der mächtigern Hand. |
V.
Augustus en mensis Augustam
Eripuit Piam & Justam.
Inimica Virtutibus Sors,
Curat impia neminem Mors. |
So seyn wir ja billig mitleydig/
Ach Unfahl/ der Tugent so neydig/
Der hat dich im Monat August
Hoch glantzende Sonne vertuscht. |
VI.
Cum falcibus ageret AEstas;
Est & ista succisa Majestas,
Ah, Aristae purpureae Sors:
Sicne dira te messuit Mors! |
Diß Zweiglein auff noch so vil
Mayen/
Hätt können sich tröstlich erfreuen;
Jm Sommer vor ihrem Termin
Fallt unter der Sichel dahin. |
VII.
Ignobilis velut urtica,
Latet haec quoque regia Spica.
Regalis demetitur Mors.
Brevi posuit angulo Sors. |
Der Königs Cron zartes Geschössel/
Wie doch ein verächtliche Nessel/
Wie Pappeln und schlechtestes Kraut/
Wir nider zur Erden gehaut. |
VIII.
Ut Bulla defluxit aquosa,
Subsedit, ut vespere Rosa.
Brevis omnis est Flosculi Sors,
Rapit ungue celerrima Mors. |
Was will sich ein Rosen verblümen/
Der sicheren Jugent berühmen?
Gemaine Leuth tritt man wie Graß/
Durchleuchtige/ bricht man wie Glaß. |
IX.
Quam manibus osseis tangit,
Crystallinam Phialam frangit.
O inepta & rustica Mors!
O caduca Juvenculae Sors! |
Jn Summa/ der Todt will halt erben/
Zu friden mit Stucken und Scherben:
Wirfft wohl so bald hinder die Thür/
Cristallin/ als Jrrdin Geschirr. |
X.
Ubi nunc decor illa genarum,
Ubi formae miraculum rarum!
Bina lumina subruit Mors.
Coeca tenebras intulit Sors. |
Wo seynd jetzt die Rößlein
der Wangen?
Wie Wasserfarb seynd sie vergangen.
Der Augen hell glantzenden Pracht/
Verwendet ein dunckele Nacht. |
XI.
Ubi corporis bella figura!
Ubi lactis ostrique mixtura!
Lac effudit in cespitem Sors:
Texit ostrum sandapila Mors. |
Die gleichsam eine Göttin auf Erden/
Von Tugent und hohen Geberden/
Holdselig weiß/ lieblich/ Rosin/
Jst alles verflossen/ ist hin |
XII.
Corallia ubi sunt oris!
Ubi retia, crines amoris:
Parcae rapuit forficem Sors:
Scidit ista Caesariem Mors. |
Wie seynd doch erblichen/ zerfallen
Der Lefftzen so frische Corallen!
Was hangen für Liebstrick am Haupt;
Deß Härleins/ der Zierden beraubt! |
XIII.
Ubi cervix & manus eburna?
Heu, funebri jacent in urna.
Atra nives imminuit Sors,
Colla pressit jam candida Mors. |
Kein Helffenbein/ laßt sich mehr finden/
Wie kan doch so gähling verschwinden/
Der Schönheit rein glantzender Schnee!
Verschmelzen im tödtlichen Wehe! |
XIV.
Quae pulchrior fuit Aurora,
Hanc Caesaris Aula deplora,
Vana species, lubrica Sors:
Tetra facies, pallida Mors. |
Die Morgenröth müst so gar weichen/
Wann man sie mit ihr wolt vergleichen/
Dem Todt ist kein Stammen zu grün:
Diß kümmert die gantze Stadt Wien. |
XV.
Non sola Vienna lugebit:
Tyrolis uberius flebit,
Ubi carior Patriae Sors;
Et amarior Filiae Mors. |
Zwar Oesterreich trauret von Hertzen/
Mehr bringt es dem Vaterland Schmertzen:
Tyrolische Felsen und That
Erseufftzen vom kläglichen Hall. |
XVI.
Praecesserat Claudia Mater:
Sed super est geminus Frater;
Ferdinande, en flebilis Sors:
Sigismunde, en lugubris Mors. |
Die Mutter war bläßlich begraben/
Die Tochter den Nachtrit wolt haben
Zween Brüder noch übrig/ allbayd
Erzeigen ihr hertzliches Leyd. |
XVII.
Quis luctus, ah, erit Sorori!
Isabella concupias mori,
Ita nubere, dubia Sors!
Ita parere, certa est Mors. |
Nit wird sich/ ohn zweiffel/ getröster
Befinden ihr traurige Schwester/
Vil mehrer empfind sie das Wehe/
Gott geb/ daß ihr besser ergehe. |
XVIII.
Ad foeminas vertimus ora,
Queis imminet citius hora:
Utque thalamos properat Sors,
Ita tumulos properat Mors. |
O Weiber/ es geht euch nit milder
Jhr seyd halt zerstörliche Bilder:
Frisch mancher Jungfraulicher Krantz
Kommt heut noch auf unseren Dantz. |
XIX.
Sic scilicet Genitrix Eva,
Est facta praegnantibus saeva,
Quia prole vel uterum Sors
Vel exonerat anima Mors. |
Was Eva verschuldet vor allen/
Daß helfft ihr wohl redlich bezahlen.
Jn dem ihr solt mehren die Welt/
Euch selber das Leben entfellt. |
XX.
Quae vides has cunque choreas,
Augebis, & ipsa mox eas.
Movet aleam subito Sors,
Certa rotat hastilia Mors. |
Darum dann den Reyen beschauet;
Dem Spiegel/ und Todt nit vil trauet/
Weil er auch im völligen Lauff
Offt unverhofft eine zieht auf. |
XXI.
Huc prompta volensque ducetur:
Capillis invita trahetur.
Ducet inevitabilis Sors,
Trahet inexorabilis Mors. |
Die willig ist/ wird nit entfliehen:
Die nit will, die wird er wohl ziehen/
Er ziehet sie mit Händen beym Haar/
Zur kalten Beinrauschenden Schaar. |
XXII.
Quod es, fuimus: sumus, quod eris,
Praecessimus, tuque sequeris:
Volat ante levissima Sors,
Premit arcu vestigia Mors. |
Was du bist/ wir eben auch waren/
Was wir seyn/ das wirst schon erfahren/
Lebt keiner so mächtig/ so groß/
Der diser Gefahren ist loß. |
XXIII.
Nil interest, pauper, an dives,
Non amplius utique vives.
Simul impulit clepsydram Sors,
Vitae stamina lacerat Mors. |
Ohn Unterschid/ ohne erbarmen/
Begegenet es Reichen und Armen/
Das Leben fliest/ ohne Bestand:
Gleichwie in der Reißuhr der Sand. |
XXIV.
Habere nil iuvat argentum,
Nil regna praetendere centum,
Sceptra sarculis abigit Sors:
Ridet albis haec dentibus Mors. |
Zum alten verächtlichen Hauffen
Eylt alles: es last sich nit kauffen
Deß Lebens ein Stündlein zu frist;
Kommt nimmer/ was einmahl hin ist. |
XXV.
Nihil interest, turpis an pulcra:
Exspectant utramque sepulcra,
Legit lappas & lilia Sors,
Violasque cum carduis Mors. |
Die sauber/ und häßliche Masen/
Verdecket ein stinckender Wasen:
Und fallen auf Todtes Gebott/
Die Distel zum Lilgen ins Koth. |
XXVI.
Nec interest, vilis an culta,
Trilustris, an major adulta.
Vere namque novissimo Sors
Populatur & hyeme Mors. |
Es hilfft hie kein bittlichs Versöhnen/
Er fragt nit nach höfflich/ und schönen/
Herbst/ Frühling und Sommerlichs Laub
Reist alles zur Erden in Staub. |
XXVII.
Mors Juvenes senibus aequat:
Puellas & anus excaecat,
Furit absque discrimine Mors,
Manet eadem Principes Sors. |
Dann pflegt er bey Jungen und Alten/
Das Heitlein zu richten in d' Falten
Gut bäurisch: unhöfflicher Mann/
Platzt einher/ und klopfft nit vor an. |
XXVIII.
Linquenda est Aula cum casa,
Colligite singuli vasa.
Jubet ire promiscua Sors,
Ire cogit indomita Mors. |
Faß alles/ so vil du kanst fassen/
Man wird uns doch anderst nichts lassen/
Als endlich ein Heißlein auß Laim/
Voll Aschen/ das tragen wir haim. |
XXIX.
Ex mille non remanet unus,
Mox pariter eritis funus.
Ite, ite: quo convocat Sors,
Imus, imus, hoc imperat Mors. |
Auß tausenten rett sich nit einer/
All werden wir Aschen und Beiner:
All suchen ein kühles Gemach/
Jhr Brüder/ und Schwestern hernach. |
XXX.
Ergo vale, o LEOPOLDINA,
Nunc Umbra, sed olim Regina,
Vale: tibi nil nocuit Sors,
Vale, vale: nam profuit Mors. |
Wir wünschen den ewigen Frieden/
Der Kayserin seelig verschiden/
Nichts hat ihr entzogen der Todt/
Recht jetzund regiert sie mit Gott. |
XXXI.
Bella super & Suecica castra,
Nubesque levaris & astra.
Penetrare quo nequeat Sors:
Multo minus attonita Mors. |
Jetzt ist sie frey sicher im Himmel:
Förcht weiter kein Feindlichs Getümmel/
Beständig besitzet sie dort
Ein festes/ gar sicheres Ort. |
XXXII.
Inde Mundi despiciens molem,
Et lunam nunc calcas & solem
Dulce sonat ex aethere vox,
Hyems transijt, occidit nox. |
Jetzt schwebest hoch über die Sunnen.
Dem Hagel/ Blitz/ Donner entrunnen:
Hie Leyden/ bringt lauter Gewinn;
Creutz/Jammer/ und Marter ist hin. |
XXXIII.
Surge, veni: quid Sponia moraris?
Veni digna coelestibus Aris.
Imber abijt, moestaque Crux.
Lucet, io, perpetua LUX. |
Der Winter/ vertrübende Regen/
Den Frühling erthailet hergegen:
Brich Blum mein edle Gesponß/
Jm Garten deß himmlischen Throns. |
FINIS.
Choreae Mortualis.