Die Michaelergruft in Wien –
Retten, was zu retten ist
von Dr. Alexandra Rainer
Der Erhalt von Grüften macht gerade heutzutage Sinn, denn Sterben
wird verdrängt und findet unbemerkt in sterilen Krankenhäusern
statt. Ein Besuch der Wiener Michaelergruft mit ihren Skeletten, Mumien
und Särgen ist damit auch ein Impulsgeber zum Nachdenken, ein
Versuch, den Tod als Teil des Lebens zu akzeptieren. Dem Thema kann
man sich dort auf wissenschaftliche, liturgische und künstlerische
Weise nähern. Doch Insekten und die viel zu hohe Luftfeuchtigkeit
von über 90% gefährden die Gruft. Nach Expertenmeinung wird
es ohne sofortige Schädlingsbekämpfung und klimatische Verbesserungen
dort in drei bis fünf Jahren keine Holzsärge mehr geben.
Um die Anlage zu retten, die Öffentlichkeit auf
den Verfall, aber auch auf den kulturellen Wert der Michaelergruft
aufmerksam zu machen, ist ein Buch mit Hilfe mehrerer AutorInnen und
der Künstler Herwig Zens, Christoph Turecek, Joac Bonin und André
Heller entstanden, der das Vorwort schrieb. Bei Retten, was zu
retten ist handelt es sich um eine wissenschaftliche Dokumentation
mit 233 Photos. Neben der Geschichte der Gruft werden die Textilien,
Holz- und Metallsärge der Renaissance und des Barock, Malereien
sowie alle 19 Grablegen beschrieben. Dr. Ingeborg Schemper-Sparholz
setzt sich mit Leichenpredigten auseinander. Dr. Alexandra Rainer
und Dr. Uli Wunderlich steuern weitere Texte bei. Christoph Turecek
und Herwig Zens schufen Graphiken, die vom 3. Juni bis 10. Juli in
St. Michael zu sehen sind und teilweise im Buch Die Michaelergruft
in Wien – Retten, was zu retten ist abgedruckt werden.
Tureceks Bilder
sind weit lebhafter als die seiner Kollegen. Er hat in seinen Arbeiten
das räumliche Ordnungsgefüge außer Kraft gesetzt.
Licht und Schatten tanzen über den Särgen, zwischen denen
es oft geradezu von Schädeln wimmelt (vgl. die Abbildungen).
Herwig
Zens abstrahiert am stärksten. Er interessiert sich nicht
für exakte Wiedergaben, sondern löst das Gesehene in seinen
lavierten Tuschzeichnungen in lineare Formen auf. Die Totenköpfe
fungieren dabei als Chiffren. Wenn sie nicht wären, könnte
man in den Darstellungen weder die Särge noch die mumifizierten
Körper erkennen.
Interessenten können das Buch zum Preis von 24 € zuzüglich
Versandkosten bestellen bei Dr. Alexandra Rainer in 1210 Wien, Pastorstr.
27/13/4; E-Mail: alexia@gmx.at; Mobil: +43 (0) 650 533 8003.
Eine Luxusausgabe mit drei Radierungen von Zens, einem Holzschnitt
von Turecek und einer Radierung von Bonin gibt es in einer Auflage
von 20 Stück zum Preis von 700 Euro.
Gruftführungen sind nach Terminabsprache mit der Herausgeberin
möglich.
Öffnungszeiten der Ausstellung "Gruftbilder" vom 3.
Juni bis 10. Juli täglich 7 Uhr bis 22 Uhr in der Pfarre St.
Michael, Michaelerplatz, 1010 Wien.
Letzte Aktualisierung:
09.09.2007
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