Lebendiger Tod - Todesbilder
im Barock
Ausstellung vom 1. Mai bis 31.
Oktober 2002 im Benediktinerstift Admont
Die Ausstellung Lebendiger Tod präsentiert Todesbilder des Barock
aus dem Besitz des Benediktinerstifts Admont, illustrierte Lieder-,
Gebet- und Erbauungsbücher, vielbenützte Predigtsammlungen
und kostbare Funeraldrucke, die normalerweise im Verborgenen schlummern.
Ein Besucher, der in der Stiftsbibliothek an beliebiger Stelle einen
Band aus dem Regal zöge, würde sich wundern, dass er dabei
so oft dem "Sensenmann" ins Auge blickt, denn in der Vergangenheit
gehörte es zu den wichtigsten Aufgaben der Mönche, sich
und die Gläubigen auf den Tod vorzubereiten. Bilder und Texte
schildern mehrheitlich, wie sich Heilige und biblische Gestalten in
Situationen verhielten, in denen Leib und Leben gefährdet waren.
Negative und positive Beispiele wurden einander gegenübergestellt
und dienten den Christen Jahrhunderte lang zur Abschreckung bzw. als
Vorbild.
Die Kunst des guten Todes
Die Ausstellung Lebendiger Tod ist in drei Abteilungen gegliedert:
Der Besucher erfährt zunächst, wie und womit sich die Mönche
des Benediktinerstifts Admont über die "letzten Dinge"
informierten. Die Bibliothek ist im Besitz zahlreicher Werke, die
den Sterbevorgang als dramatisches Ereignis darstellen: Wenn der Sensenmann
kommt, treten mit ihm auch Engel und Teufel auf den Plan. Sie streiten
am Ende des Lebens um die Seele des Sterbenden. Auf diesen Moment
gilt es sich vorzubereiten. Jeder einzelne, Alte und Junge, Familienmitglieder
und Seelsorger können durch erbauliche Gespräche, Lieder
und Gebete zum guten Ausgang des Kampfes beitragen, wie Bücher
und die darin enthaltenen Bilder lehren. So schildert zum Beispiel
ein mit 41 Tafeln von Romeyn de Hooghe (1645-1708) prächtig ausgestattetes
Handbuch eindrucksvoll, was geschieht, wenn die Angehörigen bei
der Krankenwache einschlafen: Der Teufel verschafft sich Einlass und
versucht dem Sterbenden Glaubenszweifel einzuflößen.
Totentanz - der Reigen der Sterbenden
In der zweiten Abteilung der Ausstellung Lebendiger Tod und zugleich
auch im Mittelpunkt der Stiftsbibliothek Admont steht der Totentanz,
ein hierarchisch angeordneter Reigen der Sterbenden von Kaiser und
Papst bis hin zu Bettler und Kind. Solche Darstellungen waren seit
dem ausgehenden Mittelalter auf Kirchen- und Friedhofsmauern in ganz
Europa verbreitet und erfreuten sich auch im Barock großer Beliebtheit:
Der Wiener Hofprediger Abraham a Sancta Clara (1644-1709) schuf in
seiner Funktion als geistliches Oberhaupt der Totenbruderschaft bei
Sankt Augustin gleich mehrere Totentänze, die in Admont durch
verschiedene Buchausgaben vertreten sind und als Vorbild für
Kunstwerke in anderen Techniken im deutschsprachigen Raum dienten.
Ein weiterer makaberer Zyklus von internationaler Bedeutung waren
die Wandmalereien im böhmischen Kukusbad, die der Nürnberger
Michael Rentz (1701-1758) in Kupfer stach und seit 1753 in Passau
und Linz veröffentlichte. Sein Totentanz vermittelt die Botschaft,
dass alle Menschen sterben müssen, und dient darüber hinaus
der Sittenkritik. In der Regel überrascht der durch ein Gerippe
symbolisierte Tod seine Opfer und erklärt ihnen, dass es nun
keine Gelegenheit zur Umkehr mehr gibt. Auf diese Weise werden dem
Betrachter verschiedenste Situationen und Reaktionen vor Augen gestellt.
Michael Rentz stellt in seinem Buch Todts=Gedancken den sündigen
weltlichen Ständevertretern ausschließlich vorbildliche
Geistliche gegenüber. Ein Beispiel dafür ist der Dominikanermönch,
den der Tod aus einer mit Büchern, Kruzifix und Totenschädel
ausgestatteten Zelle holt. Der Sterbende erhebt sich von seinem Betstuhl;
seine Augen sind geweitet, die Hände vor Entsetzen erhobenen.
Dennoch findet er seine Fassung wieder und antwortet dem Gerippe,
welches ein Stundenglas in die Höhe hält: "Meinst du
mich zu erschrecken? [...] Lass Sand und Uhr verlaufen sein. Wer täglich
sucht zu sterben, kann doch alleine nur durch dich das wahre Leben
erben." Die Betrachtung des Leidens Christi und der Wille, dem
Gottessohn nachzufolgen, versetzt den Gläubigen nicht nur in
die Lage, sein Schicksal zu ertragen, sondern verleiht ihm darüber
hinaus die Hoffnung auf das Leben nach dem Tod.
Jenseitsvorstellungen und Totengedenken
Was die makaberen Kunstwerke des Barock von denen früherer Epochen
unterscheidet, ist der Appell zur Fürsorge um die Verstorbenen.
Die dritte Abteilung der Ausstellung Lebendiger Tod thematisiert die
Formen des Totengedenkens, wie sie im Benediktinerstift Admont und
den zugehörigen Pfarrgemeinden praktiziert wurden: Katholiken
glaubten, dass in der Zeit zwischen dem persönlichen Gericht
im Augenblick des Todes und dem Jüngsten Tag eine Kommunikation
zu den Toten möglich ist. Den Seelen im Fegefeuer kann durch
gute Werke, Weihwasserspenden, Gebete, Messopfer und Almosen geholfen
werden. Erlöste Verstorbene können im Gegenzug Fürbitter
für Lebende und Sterbende sein. Buchillustrationen stellen den
Austausch zwischen Diesseits und Jenseits in aller Deutlichkeit dar,
so zum Beispiel in einem Kupferstich aus Abraham a Sancta Claras Besonders
meublirt- und gezierte Todten-Capelle, auf dem ein Engel einen mit
1000 Gulden prall gefüllten Geldsack zur Erlösung einer
Seele aus dem Fegefeuer überreicht.
Die Druckwerke im Besitz des Benediktinerstifts Admont stellten die
Höllenstrafen in den schrecklichsten Farben, den Himmel dagegen
als Hort ewiger Glückseligkeit vor. Sie legen Zeugnis ab von
den Ängsten und Hoffnungen unserer Vorfahren, bieten Trost und
Hilfe und beweisen in ihrer Gesamtheit, dass das Seelenheil und die
Jenseitsfürsorge einst den Mittelpunkt des menschlichen Interesses
bildete. Weil sich die Schwerpunkte in den vergangenen Jahrhunderten
verlagert haben, ist die Ausstellung Lebendiger Tod für die Besucherinnen
und Besucher ein Schlüssel zum Verständnis der Vergangenheit.
Letzte Aktualisierung:
03.01.2007
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