Inhalt

Startseite
Aktuelles
Totentanz des Monats
Veranstaltungen
Publikationen ETV
Anfänge
Totentänze nach Ländern
Totentänze nach Medien
Künstler der ETV
Bibliographie
Presse
Spenden & Förderer
Impressum/Kontakt
Datenschutz
Über dem Grabe geboren

Über dem Grabe geboren

Ausstellung im Medizinhistorischen Museum der Universität Zürich
vom 25. April bis 31. Oktober 2002

Das Medizinhistorische Museum der Universität Zürich eröffnet am 25. April die Ausstellung "Über dem Grabe geboren". Zu besichtigen sind Zeugnisse der Kindsnot vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert, Erinnerungen an tote Säuglinge und an vor, während oder nach der Entbindung verstorbene Mütter ebenso wie das schaurige Handwerkszeug von Engelmacherinnen, Geburtshelfern, Chirurgen, Geistlichen und Totengräbern.
Die Ausstellung und der zugehörige Katalog beginnen mit dem Mythos vom Sündenfall. Das erste Buch Mose erklärt, dass der Tod als Strafe für den Ungehorsam der ersten Menschen in die Welt gekommen ist. Seither müssen Frauen unter Schmerzen Kinder gebären und Männer zur Ernährung der Familie im Schweiße ihres Angesichts den Acker bebauen. Auch wenn die Geburt grundsätzlich als natürlicher Vorgang angesehen werden muss, waren Schwangerschaft und Entbindung über Jahrhunderte hinweg außerordentlich anfällig für Störungen und Komplikationen. Der Gebärakt bedeutete keineswegs ein freudiges Ereignis, sondern war in einem heute kaum vorstellbaren Maß mit Sorgen und Ängsten verbunden. Erst im ausgehenden 19. und vor allem im 20. Jahrhundert verminderten sich die Gefahren in den industrialisierten Gebieten drastisch. Hebammenbücher, Lehrmittel und reich illustrierte Tafelwerke demonstrieren den Wandel der Geburtshilfe, der ganz allmählich dazu führte, dass die Furcht der Schwangeren und ihrer Angehörigen vor Krankheit und Tod einer spannungsreichen Vorfreude wich. Operationen wie der Kaiserschnitt ermöglichen heute erfolgreiche Eingriffe bei den verschiedensten Notsituationen. Die früher so gefürchteten Blutungen können nun beherrscht, die oft tödlichen Infektionen vermieden oder bekämpft werden. Außerdem erlauben es technische Hilfsmittel, Fehlentwicklungen des Ungeborenen etwa mit Ultraschall früh zu erkennen, die Wehentätigkeit und die kindliche Herzfrequenz fortlaufend zu registrieren. All diese Errungenschaften haben zu einer ganz erheblichen Senkung der Sterblichkeit beigetragen.

Christoph Mörgeli und Uli Wunderlich haben es sich jedoch zur Aufgabe gemacht, von Zeiten zu erzählen, in denen jede Geburt ein beträchtliches Risiko für Mutter und Kind darstellte. Leben und Tod lagen - wie das titelgebende Beckett-Zitat "Über dem Grabe geboren" verdeutlichen soll - allzu dicht beieinander: Die Wöchnerinnen überlebten die Strapazen oft nicht, konnten Ihren Nachwuchs nicht ordentlich ernähren oder fühlten sich aus Angst vor Schande oder materieller Not sogar gezwungen, ihn zu töten. War das Neugeborene erwünscht, musste es so schnell als möglich getauft werden, denn die Erfahrung lehrte, dass die Sterblichkeit in den ersten Monaten am größten war (vgl. Abbildung oben: Codex 91 der Bibliotheca Bodmeriana in Cologny-Genève), und der Tod ohne den Empfang der Sakramente hatte weitreichende Konsequenzen wie den Verlust des Seelenheils und die Verweigerung des kirchlichen Begräbnisses. Trotz geistlicher und weltlicher Sicherheitsmaßnahmen gab es viele Kinder zu betrauern, wie die ausgestellten Votive und Erinnerungsbilder bezeugen. Im Totentanz ist der Säugling bis heute ein unverzichtbares Motiv, nicht etwa, weil so viele Künstler diese Verlusterfahrung selbst gemacht haben, sondern weil das Sterben eines Neugeborenen zum Inbegriff des Schrecklichen geworden war.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

Medizinhistorisches Museum der Universität Zürich
Rämistr. 69, CH-8006 Zürich
Vom 25. April bis 31. Oktober 2002
Öffnungszeiten: Di-Fr 13-18 Uhr, Sa+So 11-17 Uhr

Letzte Aktualisierung: 03.01.2007

Anschrift

Europäische Totentanz-Vereinigung, Leipziger Straße 48, 06766 Bitterfeld-Wolfen
Henry Schuhmacher (Präsident) Mail: h.schuhmacher@totentanz-online.de