Totentanz des Monats Dezember 2011
Hugo Distler (1908-1942) und der Totentanz
Alle Jahre wieder singen Kirchechöre diverser christlicher Konfessionen im November Hugo Distlers "Totentanz". Seit Crescendo Inc. die Motette zum Totensonntag 2008 als Multimediainszenierung für Chor und Flöte mit animierten Bildern, Rezitation und Tanz aufführte und als Film ins Internet stellte, lassen sich in Deutschland vergleichbare Darbietungen nachweisen. Unabhängig davon sollte man sich mit der Biografie des Komponisten auseinandersetzen. Distler ließ sich durch die Bilderfolge in der Lübecker Marienkirche anregen. Das liegt nahe, denn der junge Mann hatte am 1. Januar 1931 die Organistenstelle von St. Jakobi angenommen. Dort amtierte Bruno Grusnick als Kantor, der den "Sing- und Spielkreis" zur gemeinsamen Freizeitgestaltung gegründet hatte, in dem Distler unter anderem seinen späteren Texter Johannes Klöcking kennen lernte. Spätestens 1932 wirkten der Organist und der völkisch gesonnene Pädagoge zusammen. Am 30. Januar 1933, dem Tag der "Machtergreifung", kündigte Distler seine Stelle. Seit 1. Mai führte ihn die NSDAP als Parteimitglied. Wenig später trat er mit dem Vortrag "Der neue Musikwille in der deutschen völkischen Erneuerungsbewegung" auf. Schließlich ging der Reformator lutherischer Kirchenmusik als Referent auf Tour im Auftrag des von Alfred Rosenberg geleiteten Kampfbunds für deutsche Kultur. Das heißt, Distler ließ sich von der Reichsmusikkammer in die Abwehr "nichtarischer" Kunst einspannen und zog Vorteil daraus. Im Oktober erhielt er einen Ruf an das von der Regierung neu gegründete Lübecker Staatskonservatorium, wo Klöcking barocke Oratorien "entjudete". Für die "Geistliche Chormusik" blieb nur wenig Zeit; das Thingspiel "Ewiges Deutschland" mit vaterländischen Texten ging vor und kam im Mai 1934 zur Aufführung. Der Totentanz war erst im September dran, acht Jahre, bevor sich der Komponist das Leben nahm.
Frühere Totentänze des Monats:
Letzte Aktualisierung:
03.12.2011
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