Totentanz des Monats März 2012:
Der Berliner Totentanz
Mitten in Berlin, links hinter der Eingangstür der Marienkirche, befindet sich der älteste erhaltene monumentale Totentanz des deutschsprachigen Raums. Die um 1470 entstandene Wandmalerei in der Turmhalle besteht aus vier Teilen: Ein Franziskaner, dessen Predigt ursprünglich ein dämonischer Dudelsackspieler störte, leitet in das Geschehen ein. Vor der Kanzel sind die Geistlichen aufgereiht, aufsteigend vom Küster bis hin zum Papst. Den Scheitelpunkt der Figurenfolge markiert die Kreuzigungsgruppe in der Nordwestecke. Vom Betrachter aus rechts schließen sich weltliche Ständevertreter an: Adelige, beginnend mit dem Kaiser, reiche Bürger und weniger wohl situierte Leute, wie die Wirtin und ursprünglich einmal der Narr. Im ausgehenden Mittelalter bestand das Totentanzpersonal aus 26 Paaren, zu denen je eine Doppelstrophe aus 2 x 6 Verszeilen gehörte. Wie üblich hatte der Tod das erste Wort; seine Opfer antworteten mal stolz, mal schuldbewusst. Obwohl sich der Fries nur über zwei Wände erstreckt, deuten die Bilder einen Reigentanz an: den Aufzug zu oder um Gottes Sohn, der sein Leben zum Wohle der Menschheit geopfert hat.
Vergleiche die Ergebnisse unserer 17. Jahrestagung sowie unser Jahrbuch L'Art macabre 13, in dem erscheint eine Neuinterpretation der Berliner Vorrede.
Frühere Totentänze des Monats:
Letzte Aktualisierung:
10.03.2012
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