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Totentanz des Monats

Totentanz des Monats April 2012:

Der Bamberger Totentanz

Der Totentanz in der Heiliggrabkapelle des ehemaligen Benediktinerklosters Michelsberg in Bamberg ist ein Sonderfall in der Geschichte der makabren Kunst. Im Mittelpunkt des Raums ruht der Leichnam Christi, zur Schau gestellt wie auf einem Castrum doloris (Katafalk oder Trauergerüst). Handelnde Tote tummeln sich im flachen Teil der Decke. Gemäldemedaillons stellen das Lebensende der wichtigsten Personen dar: Ein Knochenmann holt den Papst aus dem Arbeitszimmer, den reichen Kaufmann, den Maler an der Staffelei und den Lehrer weg von seinen Schülern. Rechts und links der Sterbeszenen sitzen Stuckskelette, die über die Vergänglichkeit sinnieren. In den Ecken sind Vertreter der vier damals bekannten Kontinente an der Reihe: zuerst Amerika, dann Afrika, schließlich Europa und zuletzt Asien. Stuckreliefs in den Bogenfeldern oberhalb der vier Wände vermitteln, dass der Knochenmann zu jeder Jahreszeit und unter Vertretern in allen Gesellschaftsschichten Opfer fordert. Er packt den Eremit und den lahmen Alten, den wehrhaften Soldat und den tatkräftigen Architekt.

Abt Anselm Geißendorfer ließ die Klosterkirche ab 1725 – das heißt ein Jahr nach seiner Wahl – umbauen. Zwischen 1729 und 1731 machte er die Begräbnisstätte seiner Vorgänger zur Heiliggrabkapelle. Als Anregung für die Stuckreliefs an der Decke dienten wenig früher entstandene Raumausstattungen, darunter die Abraham a Sancta Clara zugeschriebene Totenkapelle bei der Wiener Hofkirche St. Augustin. Die Anordnung der einzelnen Figuren rund um den Leichnam stammt von uralten Trauer- und Gedächtnisriten ab. Sie kommt vor in mittelalterlichen Handschriften, ist bezeichnend für den ältesten monumentalen Totentanz Deutschlands in der Berliner Marienkirche und begegnet wieder in Nürnberger Einblattdrucken, auf denen Lebende und Tote einen offenen Sarg umrunden.

Mehr als 200 Jahre lang war die Heiliggrabkapelle am Karfreitag Ausgangspunkt einer Prozession, die von St. Michael über St. Getreu und St. Jakob zum Karmeliterkloster St. Theodor führte. Der Erzbischof ging mit einem Vortragekreuz voran; das Domkapitel und die Theologiestudenten folgten ihm nach, während die Gläubigen an den Straßenrändern standen. Bis heute ist das vorösterliche "Gräberbesuchen" Brauch unter Bamberger Katholiken.

Frühere Totentänze des Monats:

Letzte Aktualisierung: 01.04.2012

Anschrift

Europäische Totentanz-Vereinigung, Leipziger Straße 48, 06766 Bitterfeld-Wolfen
Henry Schuhmacher (Präsident) Mail: h.schuhmacher@totentanz-online.de