Dass Eros und Thanatos – also Liebeslust und Sterblichkeit – zusammengehören, liest man ja immer wieder. Aber nur selten ist das Verhältnis zwischen den beiden so offensichtlich wie im Stäfner Totentanz. Ausgerechnet die sittenstrengen Zwinglianer tun, was anderswo unmöglich wäre: Sie bauen den Rotwein gleich neben den Gräbern auf dem Friedhof an und nennen ihn "Totenbeinler". Außerdem tanzen vor der Abdankungshalle – so heißt das vor Ort – zwei bronzene Nackte von Hans Jörg Limbach (1928-1990) zur Erinnerung an den Industriellen Ernesto Wild (1920-1977).
Man sehe und staune! Am rechten Ufer des Zürichsees, das man mit gutem Grund die Goldküste nennt, holt der Tod nicht etwa eine Jungfer gegen ihren Willen. Hier fühlen sich der Muskelmann mit dem knöchernen Schädel und seine Erwählte so richtig wohl: Tanzend kehren sie einander die Hinterbacken zu und berühren sich elegant mit den Händen. Wer weiß, was die beiden vorneweg getrunken haben? Womöglich war es zuviel "Totenbeinler" mit dem gefährlich-schönen Etikett. Doch an dieser Stelle folgt keine Werbung.