Es gibt nur wenige Anhaltspunkte dafür, wie die Wandmalerei auf der Friedhofsmauer des Basler Predigerklosters vor der Reformation aussah. Das jüngste in Wort und Bild überlieferte Zeugnis stammt aus Wil im schweizerischen Kanton Sankt Gallen. Bis 1886 zierte die Friedhofskapelle bei Sankt Peter ein monumentaler Totentanz, der zwischen 1498 und 1522, also vor der Reformation, entstanden sein muss. Joseph Regel (1840-1911) kopierte das Werk im Originalformat. Demnach dürfte der Fries 13 bis 14 Meter lang und etwa 130 Zentimeter hoch gewesen sein. Ursprünglich bestand er aus 24 Figurenpaaren wie die Blockbücher xyl. 39 der Bayerischen Staatsbibliothek München und cpg. 438 der Universitätsbibliothek Heidelberg. Papst, Kaiser, Kaiserin, König, Kardinal und Patriarch fehlen in Wil. Entweder hat man die südliche Hälfte der Westwand nicht freigelegt oder die Darstellungen waren zerstört. Nachweisen lassen sich Erzbischof, Herzog, Bischof und Graf. Auf der Nordwand folgten Abt, Ritter, Jurist, Chorherr und Arzt. Edelmann, Edelfrau, Kaufmann und Nonne fehlen eines Mauerdurchbruchs wegen. Sebastian ersetzte das zum Krüppel sprechende Skelett, wie dem Text zu entnehmen ist. Danach geht es weiter mit Tod und Koch. Bauer, Kind und Mutter schließen die Wandmalerei ab. Die Dialoge unter den Bildern sind nicht vierzeilig, aber sie stimmen weitestgehend mit der aus Chur stammenden Handschrift mgf. 19 in der Berliner Staatsbibliothek und den Wiedergaben der Darstellungen im Kreuzgang des aufgelösten Basler Dominikanerinnenklosters Klingental überein. Was sich im Klausurbereich der Nonnen befand, konnten lange Zeit nur Ordensschwestern sehen. Sie beherbergten die Zweifassung des Totentanzes auf der gegenüberliegenden Rheinseite. Wil folgte nach. Aber die Kopien von Joseph Regl im Historischen Museum Sankt Gallen belegen, wie wir uns den Basler Totentanz im Mittelalter vorstellen müssen.