Der Totentanz von Edmond Bille erschien 1919 in Lausanne. Une Danse macabre ist ein Mappenwerk,
das aus 20 Farbtafeln zum Ersten Weltkrieg und einem Vorwort von William Ritter besteht. Als Bürger eines neutralen
Landes stellt der Künstler die Ereignisse nicht aus der Perspektive des Betroffenen dar, sondern als Beobachter. Sein
Zyklus beginnt mit einer Darstellung, die an die Beinhausmusik klassischer Totentänze anknüpft. Ein Gerippe bläst auf
der Trompete und setzt so Kriegsgerüchte in die Welt. An diese Szene schließen sich in logischer, aber nicht zwingend
hierarchischer Folge die Protagonisten der Geschichte an: der Kaiser, die Hochfinanz, aber auch Personifikationen wie
Hass und Begeisterung.
"Etreintes" stellt die letzte Umarmung zweier Liebender dar. Ein Mann küsst eine nackte Frau zum Abschied, während der Sensenmann
am Fenster vorüber geht. Der Tod ist hier nicht einfach ein Voyeur; er wird den Freiwilligen auf den nächsten Bildern in die
Schlacht begleiten. In "L'autre veilleur" ist das Gerippe an der Seite eines Wachhabenden im Schützengraben zu sehen.
Es schaut ihm aufmerksam über die Schulter und weist auf eine Gefahr am Horizont hin.
Edmond Bille schildert den Ersten Weltkrieg in bunten, scheinbar friedlichen Bildern. Horrorszenarien mit entstellten Toten,
Verwundeten und Wahnsinnigen kommen nicht vor. Grauen entsteht durch den Widerspruch von Schein und Sein, sobald der Betrachter
die Idylle als trügerisch entlarvt. Mehrere Blätter wirken karikaturistisch, so der Knochenmann, der siegesbewusst im
Diplomatenrock auftritt. Die Anzahl seiner Orden lässt auf große Erfahrung und Verdienste schließen. Seine Kollegen,
Militärs und Zivilisten im Frack, verneigen sich tief und bilden ehrfürchtig eine Gasse. Im Hintergrund steht der
Konferenztisch, an dem die Friedenderhandlungen gescheitert sind.