Die "Danza general" macht es niemandem leicht. Seit bald 200 Jahren betonen Fachleute die überragende Bedeutung der Handschrift B-VI-21 des Escorial in Madrid. Es gibt zahlreiche Neuausgaben der Verstexte in spanischer Sprache, aber kaum jemals Fotos und bis heute keine Übersetzung ins Deutsche.
Wie in Basel, London, Lübeck und Paris lässt sich das Original nur mit Mühe rekonstruieren. Niemand weiß, ob ein um 1400 entstandenes Schauspiel, eine Malerei oder Plastiken zugrunden lagen. Als ein Unbekannter das Werk Mitte des 15. Jahrhunderts zu Pergament brachte, schlichen sich ganz offensichtlich Fehler ein. Schließlich erwarb König Philipp II den Totentanztext für das Kloster San Lorenzo in einem sittenkritischen Sammelband.
Beginnend auf Blatt 109 ergreift die Tödin, "la muerte", das Wort. Sie fordert 79 Lebende in je einer achtzeiligen Strophe auf zu Tanz. Am Ende fallen ihr weit mehr als Personen zum Opfer als andernorts üblich. Geistliche und weltliche Vertreter aller Stände wechseln einander in strenger Folge ab. In jedem Fall geht es zuerst um die Verfehlungen des Sterbenden. Anschließend verteidigt sich der Todgeweihte. Weil jeder Sprecher die vorhergehenden Verse aufgreift, entsteht der Eindruck einer langen, eng miteinander verknüpften Menschenkette.