1908 bis 1911 entstand das Krematorium im Dresdner Stadtteil Tolkewitz. Über dem Haupteingang erkennt man je ein Skelett, das eine Frau und einen Mann ins Jenseits geleitet. Beide sind nackt und neigen ehrerbietig mit vor der Brust gekreuzten Händen den Kopf. Mittig zwischen den Paaren breitet der Feuervogel Phönix seine Schwingen aus. Zu seinen Krallenfüßen halten Familienmitglieder einander beim Kreisreigen an den Händen. Diese Darstellung ist einzigartig und setzt die Auseinandersetzung mit verschiedenen Kulturen voraus. Im alten Ägypten symbolisierte der Reiher Benu Auferstehung und Weiterleben. Herodot nannte ihn nach den Phöniziern. Um 1890 machten zwei Feuerbestattungsvereine den Phönix zu ihrem Zeichen. Wenig später zierte er Krematorien verschiedener Länder.
Das Relief über dem Haupteingang schuf Georg Wrba. Aber es ist anzunehmen, dass der Entwurf auf den Architekten zurückgeht. 1898 zeichnete Fritz Schumacher ein Denkmal für den von ihm verehrten Friedrich Nietzsche. Das Blatt wurde ein Riesenerfolg. Es ging auf eine Ausstellungstournee bis in die USA. Zu sehen ist ein Tempel für Luftbestattungen frei nach Zarathustra, der das Feuer für heilig erklärte.
In diesem Zusammenhang muss Schumachers Dokumentation "Tod-Darstellungen im Wechsel der Weltanschauungen" in der SUB Hamburg (Nachlaß III B2a) entstanden sein. 1899 folgten Studien zu einem Krematorium, 1903 ein erster Entwurf. Den Bauauftrag erteilte die Stadt Dresden erst 1906 nach Änderung der Gesetze im Königreich Sachsen. Heute ist die Anlage nur von außen frei zugänglich, aber ein reich illustrierter Aufsatz in der Zeitschrift "Dekorative Kunst" 19 (1911), S. 105-126, macht die Besichtigung online möglich.
1934 enteigneten die Nationalsozialisten den Betreiberverein, der seit 1873 Lobbyarbeit geleistet hatte, und machten aus der Immobilie einen Musterfriedhof. Noch traurigere Berühmtheit erlangte Schumachers zweites Krematorium in Hamburg-Ohlsdorf, wo im Zweiten Weltkrieg tausende KZ-Häftlinge verbrannt wurden. Heute erinnert daran ein Denkmal.